Spiegelzeltblog 2013

13. Juni 2013


DER KOMMENTATOR

 

Henning Venske erklärt die Welt indem er sie dokumentiert und moralisierend mit parabelhaften Bissigkeiten versieht. Gauck stellt für ihn die Ober-Lallbacke und die „Fehlpressung eines Bürgerrechtlers“ dar. Claudia Roth ist „wandelnder Gemüsespieß“, Niebel die „exportierte Feldmütze“, Rösler hat das „Charisma eines nicht missbrauchten Ministranten“, Steinbrück gleicht aus dem Blickwinkel des altgedienten Wortarbeiters einem Seevogel und Altmeier ist einfach dick und dumm. Und das Politsprech vom „Andenken“ ist für ihn gleichbedeutend mit „Anvögeln und Stehenlassen“.

Das hatte mal seine kabarettistische Hoch-Zeit, ist legitim aber auch langweilig. Denn politische Analyse ist Venskes Sache nicht:  alle Regierenden sind eben „Lallbacken“, und der Rest der Welt ist auch nicht viel besser. Während seine schwarzhumorigen Repliken im kabarettistischen Zusammenspiel noch als unterhaltsamer Gegenpart funktionieren, ist sein solistischer Auftritt ein grantelnder Vortrag ohne erkennbare sprachliche Dynamik oder originelle dramaturgische Raffinesse. „Du hast ja recht", will man ihm zurufen, aber das verbietet die Konvention. 

Überwiegend liest er ab, und  vermittelt in dozierender Form anspruchsvoll,  aber angestrengt humorig, seine zeitaktuellen Erkenntnisse. 

Natürlich findet er sein Publikum, und das ist ihm zu gönnen. Seine Empörung richtet sich gegen die politischen Schwätzer und angeblichen Eliten. Er zitiert Konfuzius und Swift, geißelt Sprechblasen und „Seichtgebiete“. Venske mag nicht mehr regiert werden, da er Regierungen für den überflüssigsten Teil der Menschheit hält. Er verteilt paritätisch seine Schelte an fast alle Parteien, und nimmt die Aussagen als das was sie größtenteils sind: sprachlicher Blödsinn.

Er knöpft sich Sarrazins Pferdeparabeln vor und nimmt dessen Ahnungslosigkeit auf diesem Gebiet genüsslich auseinander. Das ist zwar politisch korrekt, aber eben auch schon zu oft gesagt. Er erklärt engagiert den beträchtlichen Unterschied zwischen Rechts- und Linksextremen und zeigt deutlich, wo seine politischen Sympathien liegen. Das ist ein Statement, erklärt aber auch nichts, da der latente Rassismus, welcher braunes Saatgut entstehen lässt, dadurch nicht thematisiert wird.

Venske wiederholt sich sehr oft, obwohl er im zweiten Teil auch riskantere Themen wie eine Einwanderungspolitik, welche ertrunkene Flüchtlinge in Kauf nimmt und das Problem damit „meteorologisch“ löst, anspricht. 

Orakelgleich verkündet er, dass sich im „Teleshopping“ die Kohlsche geistig-moralische Wende offenbart und jodelnde Bratwürste oder  pathologische „Tatorte“ die Bildschirme dominieren. Die Autobahn ist für ihn die „größte offene Psychiatrie“, aber bei Merkel werden ja die „Weichen aufwärts gestellt“.

Da können wir ja beruhigt sein, denn wir wissen mal wieder, wo unsere Feindbilder stehen. Wem diese Erkenntnis ausreicht, wird sich in Venskes Programm „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ bestens bestätigt fühlen. Im Vergleich zu den bisher in dieser Saison aufgetretenen Kabarettisten war Henning Venske aber leider nicht der hellste Stern am Zelthimmel. 


FAZIT

Altbackene Grantelei, die sich allzu oft an Äußerlichkeiten festmacht.


SPRUCH DES TAGES

„Die Ostdeutschen gewöhnen sich jetzt auch an den Überfluss“.

Henning Venske über die aktuellen Flutkatastrophen

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