Spiegelzeltblog 2013

4. Mai 2013


DREIERSPIEL


Es gehört zu den großen Verdiensten der Zeltprogrammplanung, dass man nicht nur auf sichere Unterhaltungsbänke setzt. Das Tingvall-Trio bot ein genremäßiges Kontrastprogramm zum Vorabend, allerdings mit gleicher musikalischer Klasse. Es ist kein Abend für frenetische Applaus, eher für aufmerksame Jazzgenießer.

Das international bestzte Trio mit Hauptsitz Hamburg setzt nicht auf vordergründige Virtuosität, dafür auf intensives dynamisches Zusammenspiel. Der Abend speist sich aus vier Studioalben und einer aktuellen Liveproduktion. Der Schlagzeuger Jürgen Spiegel, der kubanische Kontrabassist Omar Rodriguez Calvo und der Namensgeber, der schwedische Pianist Martin Tingvall sind in ihrem musikalischen Credo sehr eigenständig, obwohl natürlich Vorbilder wie Keith Jarrett oder Esbjörn Svensson sehr nahe liegen.

Tingvall ist der Musikalische Kopf, komponiert in der Abgeschiedenheit Südschwedens, und daraus resultieren sicher die elegischen und lyrischen Balladen. Manches erinnert an die frühen Stücke Dave Grusins, alles ist sehr liedhaft, aber nie exzessiv oder ausufernd.

Für die Kompositionen hat das Trio sehr poetische Namen gefunden, mal beschreiben sie “Sevilla” oder “Das Leben danach”, auch das Empfinden einsamer Männer und geisterhafte Schritte einer alten Dame werden interpretiert.  

Aber man hört auch rhythmisch treibende Stücke, bei denen das Schlagzeug permanent pulsiert. Soloausflüge werden in einigen Kompositionen leise und spannungsreich von den anderen Bandmitgliedern untermalt. Es gibt klassische Anleihen an den Tango oder Maurice Ravel, und am Schluss spielt man sich bei Funk und Bebop die Bälle zu. Das Tingvall-Trio ist ein bestens eingespieltes Team und liefert mit seiner Musik den idealen Soundtrack für verregnete Nächte oder lange Spaziergänge am stürmischen Meer. Die nachvollziehbare thematische Arbeit, die Vorliebe für Tritonusstrukturen und das traumhaft sichere “Aufeinander-zu-Musizieren” machen das Konzert zu einem spannenden und gleichzeitig kurzweiligen Erlebnis.

Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Da werden  Reflektionen über Schnurrbärte, Trolltänze und schwedisches Bier fantasiereich umgesetzt. Tingvall, der den Abend moderiert, spickt den Abend mit eigenem Erleben. Nach viel Zwischenapplaus gibt es nach der zweiten Zugabe mit Countryelementen stürmischen Beifall mit den Füßen. Ein sympathischer, anspruchsvoller Abend, der durch das sensible Licht von Jens Voigtländer noch einmal viel gewinnt..


SPRUCH DES ABENDS


"Schnurrbärte haben für mich immer etwas von Zirkus". Martin Tingvall


FAZIT


Hochkonzentrierter elegischer bis schwungvoller Triojazz für stille Genießer



SPLITTER


Was wäre ein Abend im Spiegelzelt ohne stimmungsvolle Lichtregie?Jens Voigtländer (44) ist dafür seit zehn Jahren Garant. Der freiberufliche Lichtdesigner schätzt am Spiegelzelt die gute Teamarbeit, und dass jeder Abend neue Herausforderungen bereithält.

Moron und Terry Truck sowie die “Geschwister Pfister” hielten für ihn mit genauen Anweisungen auch höchste Schwierigkeitsgrade bereit.

Oft hat Voigtländer aber freie Hand. Die Lichtbilder muss er vorher im Kopf haben, denn die Einrichtung der Scheinwerfererfolgt ja lange vor dem eigentlichen Konzert. Und so wird jedes Konzert für ihn bewältigten Risiko.


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