Spiegelzeltblog 2013

26. Mai 2013


BLÖDELDUO


Dominik Wagner und Benedikt Zeitner bezeichnen das, was sie als Duo „Ass-Dur“ präsentieren, als Musik-Kabarett. Diese Einordnung ist irreführend, denn Kabarett ist in hiesigen Breiten als gesellschaftskritisch annotiert. Das ausverkaufte Spiegelzelt erlebte am Samstagabend dagegen eine niveauvolle Blödelei der Spitzenklasse, und der „Krrrtikrrr“ gesteht, selten so gelacht zu haben.

Die Rollen sind klar verteilt: Benedikt ist der intellektuelle Feingeist, Dominik der erdverbundene Proll. Dieses künstliche Spannungsverhältnis macht den Reiz der Bühnenpaarung aus, und durchzieht den Programmerstling „1. Satz – Pesto“ auf das Vergnüglichste.

Eingangs dolmetscht Benedikt die Ausführungen des Kollegen ins Englische und bei dieser Übersetzung verdreht er das Gesagte aasig ins Gegenteil. Dominik erzählt von dem Verzicht, an diesem Abend in Las Vegas für 100000 Dollar aufzutreten („wir haben das Geld nicht zusammenbekommen“), und dann wird erst einmal Reaktion und frenetischer Applaus beim Publikum eingeübt. Das Zelt steigt sofort begeistert ein, was für den Charme und die Überzeugungskraft des Duos spricht. Der Einspieler mit einem Telefonstreich kündigt verschiedene Eröffnungsvarianten an, bis schließlich Benedikt im Zwanziger-Jahre-Tweed als sprachgestörter Sänger die Bühne betritt und, begleitet vom kontraproduktiven Bühnenpartner, eine Ballade aus „Die Schöne und das Biest“ intoniert. Dominik erzählt dabei immer wieder Witze von schwimmunfähigen Baggern und „Hagenutten“, während Benedikt seinen anspruchsvollen Vortrag durchzusetzen versucht. Das ist brüllend komisch, wird aber im zweiten Teil noch einmal gesteigert, als in der gleichen Konstellation der „Butzemann“ in „verchiedenen“ klassischen Musikstilen durchdekliniert wird.

Musikantisch ist das Duo auf hohem Niveau, beide beherrschen das Klavier und die Blockflöte, und verstehen ihr Können kreativ zu nutzen. Liszts „Ungarische Rhapsodie“ wird vierhändig zum Konkurrenzkampf auf dem Flügel, Benedikt bewältigt im Duett sein Blockflöten-Trauma, und während eines Klaviermedleys wechseln die Beiden ihre Kleidung. Dies sind Paradenummern, perfekt getimt und durchdacht. Doch Ass-Dur kann noch mehr. Eingestreute Zauberkunststücke bekommen ihren Witz durch die einfallsreiche Präsentation wie die „Sendung mit der Maus“-Parodie oder die Ball-Nummer welche durch Dominiks Kommentare zu Lachsalven animiert.

„Ass-Dur“ weiß sein Publikum bestens zu unterhalten, das Ganze ist leicht und locker präsentiert, musikalisch anspruchsvoll und durchgehend urkomisch. Wer dem Programm mangelnde Tiefe vorwirft, verkennt, dass „Ass-Dur“ nur amüsieren will, und dass machen die ehemaligen Musikstudenten überzeugend und perfekt. Sicher sind die pianistischen Variationen über ein Thema wie „Happy Birthday“ oder „Für Elise“ in Manier von Mozart, Tschaikowsky und James-Bond-Openern nicht neu, aber sie werden originell präsentiert, und Dominik beweist als Begleiter durchaus Rowan-Atkinsonsche „Bean“-Qualitäten. Benedikt gibt den dandyhaften Schwarzhumoristen bei seinen Ideen, sich in der Bahn Sitzfreiheit zu verschaffen, oder als Zeitungskommentator bei einer musikalisch illustrierten „Katzenrettung“, und baut die fingierte geistige Fallhöhe zu seinem Kompagnon genüsslich aus.

Die begeistert erklatschte Zugabe erfüllen die beiden mit einer absurden Tanzeurhythmie zu „Eternal flame“ bis sie ihr Publikum nach einem lustigen Merchandising-Block und dem Versprechen, im nächsten Jahr wieder zu gastieren, in die Regennacht entlassen.


FAZIT

Zwerchfellerschütternde Blödelei auf hohem Niveau


SPRUCH DES TAGES

„Ich verstehe diese Jenseits-Regel immer nicht“.

Benedikt Zeitner über seine Fußballkenntnisse


SPLITTER

Natürlich bleibt der Abend nicht von Wembley verschont. Dominik ist Bayern-Fan, und informiert sich während der Veranstaltung immer wieder über Spielstände. Benedikt freut sich nach der Pause, dass ihr Programm „genau“ in der Übertragungszeit liegt, und geißelt Dominik zum Gaudi des Publikums mit beißendem Spott. Doch auch Benedikt bekommt sein Fett weg, denn seine Blockflöte hat ja die „Dortmund-Farbe“. Als schließlich der Sieg der Bayern feststeht, spekuliert Benedikt, ob das „Köstritzer“ Zelt zum „Paulaner“ konvertiert. Da kann der Kritiker beruhigen, das Schwarzbier hat inzwischen zu viele eingefleischte Freunde...

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